Arbeitspapier 321

Nachdem ich die letzen Monate sehr viel Zeit auf MPU, Bauen, Tennis, Musik und andere mehr oder weniger schöne Dinge verwendet habe, berichte ich nun mal wieder u.A. in meiner Funktion als Dipl. Informatiker und Fan von Computergeschichte.

Im Oktober 2019 bin ich am Rande des VCFBs in einer Pause zusammen mit Eva Kudrass und Klemens Krause ins Berliner Technikmuseum gelaufen, …

… um einen Erklärfilm über den Nachbau der Zuse Z1 zu drehen:

Schon damals meinte Klemens, dass er dieses faszinierende Stück Technik gerne wieder zum Laufen bringen würde. Denn spätestens seit dem Tod von Konrad Zuse 1995 steht das gute Stück verklemmt im Museum und kann leider nicht mehr vorgeführt werden:

Aus irgendeinem Antrieb heraus fällt mir das Thema dann fast genau drei Jahre nach der Computer-Nerd Veranstaltung wieder ein und ich frage bei Klemens nach, wie denn gerade der Stand der Dinge ist.

Wie immer kommt die Antwort meines Retro-Kollegen dann in klassischer Schreibmaschinenschrift:

Als ich lese, dass er bereits mit den Restaurierungsarbeiten begonnen hat, bin ich zunächst erst mal etwas enttäuscht: Menno, da hättste mir ja echt mal was sagen können, oder?

Aber dann freue ich mich trotzdem, dass es mit der Z1 vorangeht und Klemens bereits fleißig YouTube Filme darüber veröffentlicht hat:

Aus seiner E-Mail entnehme ich außerdem, dass Dietmar Saupe an der Universität Stuttgart demnächst einen Vortrag über die Rekonstruktion der Z1 halten wird.

Der Diplomingenieur hat nämlich im Rahmen seiner Diplomarbeit 1988/89 in Hünfeld Konrad Zuse beim Nachbau der legendären Maschine geholfen.

Als mir klar wird, dass Dietmar ganz in der Nähe von mir wohnt, denke ich: Menno, da hättste ja echt mal früher hingehen können!

Aber aufgeschoben ist ja bekanntlich nicht aufgehoben.

Also ermittle ich über einen IBM-Kollegen die E-Mail Adresse von Dietmar und frage ihn, ob er vielleicht Lust hätte, mit mir ein Interview seine Zeit mit der Z1 zu machen:

Als die positive Antwort dann eintrifft, ist das schon fast wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk für mich. Vor dem Interview wollen wir uns aber erst noch persönlich bei seinem Vortrag in Stuttgart kennenlernen.

Also geht es am 10. November 2022 mit dem Metropol-Tagesticket für 21,- Euro nach Stuttgart-Vaihingen, wo Dietmar dann beispielsweise über den Lochstreifenleser berichtet, für den er beim Z1-Nachbau maßgeblich verantwortlich war:

Im Anschluss darauf diskutiert Klemens mit ihm dann noch über die aktuellen Erkenntnisse bei den Restaurierungsarbeiten, wo er zum Beispiel seltsam krumme Bleche entdeckt hat:

Laut Dietmar wäre das früher nicht so gewesen und die Verbiegungen müssen wohl aufgrund von Fehlfunktionen entstanden sein.

Nach der Veranstaltung lädt dann Klemens zum kleinen Umtrunk in seinem Computermuseum ein und ich darf dabei noch eine Unterschrift vom großen Meister ablichten:

Aber halt! Wer sagt eigentlich, dass dieser schwer lesbare Text tatsächlich “K. Zuse” heisst und überhaupt könnte das ja auch eine dreiste Fälschung sein.

Zum Glück gibt es aber auf Wikipedia eine ähnlich aussehende Original Unterschrift von dem deutschen Technik-Genie:

Das zusammen mit der Aussage der Museumsleute, dass Konrad Zuse die Röhre persönlich signiert habe, läßt mich zwar glauben, dass die Unterschrift echt sein könnte, aber wäre das genügend Sicherheit für mich, um beispielsweise 1.000,- Euro dafür zu bezahlen ?

An einem anderen Tag bekomme ich dann mal wieder einen netten Kommentar auf eines meiner Erklärvideos:

Die Sache mit dem Foto interessiert mich natürlich sofort! Deshalb kontaktiere ich den Kommentator, der mir etwas später dann netterweise auch das Bild aus seinen vielen Dias heraussucht und von der Leinwand abfotografiert.

Hier also als nachgereichtes “Weihnachtsgeschenk” für echte Zuse-Fans ein bisher noch unveröffentlichtes spätes Bild, das nach Aussage meines Namensvetters Herrn B. im Sterbejahr des Erfinders, 1995 an der Uni Kassel geschossen wurde:

Das Bild erinnert mich außerdem daran, dass ich zu der Zeit auch eine dieser coolen Jeans-Jacken getragen habe, welche damals in Mode waren. Leider konnte ich das Beweisfoto dafür noch nicht finden. Aber zusammen mit dem Gehstock von Konrad Zuse sprechen doch einige Indizien dafür, dass die Datumsangabe von Herrn B. wahr sein könnte.

Eine interessante Folgefrage, die sich mir sofort stellt, ist, ob dieses Foto vielleicht eine Besonderheit darstellt und möglicherweise sogar “Das letzte Bild von Konrad Zuse?” sein könnte, welches im Internet verfügbar ist?

Eine weitere Folgefrage könnte sein, was die Rechte an dem, dann doch sehr speziellen Foto Wert wären ?

Der aktuelle Rechteinhaber Herr B. hat übrigens auch ein Video über die Leica Objektive “Summicron” und “Summilux” veröffentlicht, wo er ganz am Anfang berichtet, dass das erste Summi*lux* auf der Zuse Z5 berechnet wurde:

Von Prof. Dr. Horst Zuse hatte ich im Juni 2020 beim Interview in Berlin erfahren, dass dieser Rechner auch das Summi*cron* Objektiv berechnet hat und so habe ich es dann auch in meinem Erstlingswerk auf Wikipedia dokumentiert. Natürlich mit einer Referenz auf die Quelle, woher ich diese Information habe:

Weder im Artikel über das Summilux, noch in dem Artikel über das Summicron wird aktuell (5.1.2023) die Zuse Z5 erwähnt. Hier gäbe es im Auftrag der “Wahrheitsfindung” also u.U. noch etwas Arbeit zu tun .

Und apropos Wahrheit: Auch um die Zuse Z1 ranken sich ja viele Legenden und einige Fragen sind bis heute noch nicht endgültig geklärt. Zum Beispiel, ob man dieser Maschine den Titel “Erster funktionsfähiger Computer der Welt?” verleihen darf oder nicht.

Selbst bei dem Nachbau, der heute im Technikmuseum steht, hört man ja gelegentlich Zweifel, ob auch *dieser* denn überhaupt jemals “so richtig” funktioniert habe.

Und da kommen wir wieder zurück zu Dietmar Saupe, der ja damals als Zeitzeuge live dabei war, als der Nachbau in Hünfeld realisiert wurde.

Sicher kann er mir zumindest die letzte (einfache?) Frage beantworten!

Eigentlich wollte ich ja mit dem Fahrrad zum Interview anreisen, aber wegen zu viel Tennis-Sport ist leider mein Knie etwas lädiert, so dass ich doch mal wieder Bus und Bahn bemühen muss:

Unterwegs sitze ich neben einem jungen “Entringer”, der gerade Clash of Clans spielt. Als alter Clasher bin ich natürlich sofort interessiert an seinem ungewöhnlich runden Dorf-Design:

Mein junger Kollege meint, dass das Layout sehr “gut verteidigen würde”. Hmm, aber was bedeutet das jetzt? Kann man vielleicht sogar als Verallgemeinerung generell sagen, dass eine runde Base besser ist, als eine Eckige?

Zeit für ein kleines Quiz für Clasher-Nerds:

Welches Level hat das Rathaus im runden Dorf?

Level 11!

[Einklappen]

Im Dorf von Familie Saupe angekommen, macht Dietmar dann erst mal leckeren Kaffee und wir beide währenddessen ein kleines “Warm-Up” Video über seine technisch innovative Kaffeemaschine:

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob auch jedes Detail unserer spontan gehaltenen “Technik-Vorlesung” korrekt ist, weshalb ich das Video auch noch nicht öffentlich auffindbar gemacht habe.

Zum Beispiel habe ich bei meiner Erklärung mit der “Brownschen Molekularbewegung” noch etwas Zweifel. Aber es hat sich auf alle Fälle sehr kompetent und überzeugend angehört !

Bevor wir also irgendwelchen Quatsch in die Welt tragen, sollte ich auf alle Fälle noch etwas mehr Verantwortung zeigen und überprüfen, ob auch alles, was behauptet wurde, auch tatsächlich korrekt ist.

Anschließend übe ich mich als “Make-up Artist” und vertraue auf die Aussage meiner Beauty-Expertin Nicole, dass Sephora der beste Puder sei, den man in Paris kaufen kann:

Dann beginnen wir frisch geschminkt in dem zum Studio umgebauten Wohnzimmer das Interview über die Z1 Rekonstruktion.

Zum Einblenden von Bildern und Filmsequenzen verwenden wir dabei eine neuartige virtuelle Leinwand. Und wie es sich für ein echt cooles Zuse-Interview gehört, kann diese sogar mit Original Z1-Geräuschen hoch- und runtergefahren werden:


Außerdem kommt dieses Mal eine dritte Geheim-Kamera für Nahaufnahmen zum Einsatz:

Die Zeit für das Interview hat sich wirklich gelohnt und u.A. erhalte ich auch die Antwort auf die anfangs gestellte Frage, ob der Z1-Nachbau überhaupt prinzipiell funktioniert hat:

Am Ende bekomme ich dann sogar noch eine gedruckte Kopie des GMD-Papiers geschenkt:

Wieder zuhause angekommen, geht es dann an die recht aufwändige Schneidearbeit:

Dieses Mal gebe ich mir besonders viel Mühe mit der korrekten Transkription und anschließender Englisch Übersetzung des Interviews:

Im Sinne meines Auftrags zur Wahrheitsfindung bin ich sehr motiviert, sowohl den deutschen Text als auch die englische Übersetzung so korrekt wie möglich zu erledigen.

Nach über einer Woche Fleisarbeit bin ich dann zumindest bei ersterem mit der Qualität auch sehr zufrieden.

Für die Versionsverwaltung lege ich ein GitHub Repository an, wo ich die Beschreibung, die Untertitel und die Transkription für das Interview speichere:

Hier kann man jetzt ganz einfach die Liste der Änderungen an der Wahrheit einsehen …

… und sogar jede einzelne Korrektur im Detail untersuchen:

Wegen der Verwertungrechte kontaktiere ich dann Mathias Knauer, dem Schöpfer des Films “Konrad Zuse” und hole die Freigabe zur Verwendung von einigen Filmsequenzen ein. Außerdem telefoniere ich wegen ein paar Fotos noch mit Prof. Dr. Horst Zuse, welche ich ebenfalls verwendet habe.

Am Ende kommt dann ein sowohl informatives als auch schönes Zeitzeugendokument heraus, dessen Wert sicherlich durch die Filmausschnitte und Bilder gestiegen ist:

Natürlich gebe ich in der Videobeschreibung und am Ende des Films auch die Bezugsquellen an, wodurch in der Folge möglicherweise auch der Wert dieser Anlagen steigen könnte.

Also haben wir hier hoffentlich eine klassische Win-Win-Situation, so wie es in einem guten Team auch sein sollte!

Zum Abschluss gibt es jetzt noch das obligatorische Selfi vom Interview-Team:

Liebe Grüße von den zwei Zuse Experten!

Michael Holzheu & Dietmar Saupe

3 Kommentare zu „Arbeitspapier 321“

  1. hallo Michael, wir trafen uns am Thai Straßenrestaurant (Marktladen). Das Gespräch mit Dir zur Wahrheit ging mir weiterhin durch den Kopf und wahrlich denke ich bei jedem Vorgang darüber nach.

    ///Klaus Nonnenmacher

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