Gutachten IBBK Stuttgart

Im Folgenden finden Sie eine am 13. Oktober 2022 manuell erstellte Kopie des 17-seitigen Gutachtens, welches von dem “IBBK Stuttgart” am 15. September 2022 an mich versandt wurde.

Inhalt

1. Anlass und Fragestellung der Untersuchung
    2. Überblick über die Vorgeschichte
        2.1 Aktenübersicht
        2.2 Beigestellte Unterlagen und Bescheinigungen durch den Kunden
        2.3 Voraussetzungen für eine günstige Prognose (Darlegung der zu prüfenden Hypothesen)
3. Untersuchungsbefunde
3.1 Medizinische Untersuchungsbefunde
        3.1.1 Anamnese
            3.1.1.1 Krankheitsanamnese
            3.1.1.2 Alkoholanamnese
        3.1.2 Befunde
            3.1.2.1 Beigestellte Befunde
            3.1.2.2 Laborwerte vom 12.09.2022
    3.2 Psychologische Untersuchungsbefunde
        3.2.1 Darstellung der Angaben aus dem Explorationsgespräch
        3.2.2 Darstellung der Ergebnisse aus den Leistungstestverfahren
4. Bewertung der Befunde
    4.1 Interpretation der medizinischen Befunde und ihre Bedeutung für die Beurteilung
    4.2 Leistungstests
5. Zusammenfassung
    5.1 Beantwortung der Fragestellung
    5.2 Empfehlungen

I. Anlass und Fragestellung der Untersuchung

Die Untersuchung erfolgte am 12.09.2022 im Auftrage von Herrn Michael Georg Holzheu, um die von der Verwaltungsbehörde geltend gemachten Zweifel an der Fahreignung auszuräumen. Die Verwaltungsbehörde hat die Vorlage eines Gutachtens zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Neuerteilung der Fahrerlaubnis gefordert.

Das Gutachten soll zu folgender Frage Stellung nehmen:

Ist zu erwarten, dass Herr Holzheu auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird und / oder liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1+ 2 in Frage stellen?

Gemäß Anlage 4a (zu § 11 Abs. 5) Fahrerlaubnisverordnung (FeV) wurde die Untersuchung streng anlassbezogen durchgeführt, d.h., wir beschränkten uns in diesem Gutachten auf die Fragen, die im vorliegenden Fall zur Aufklärung der mitgeteilten Zweifel der Verwaltungsbehörde an der in Frage stehenden Fahreignung und zur Feststellung besonderer Eignungsvoraussetzungen beantwortet werden müssen.

Dabei waren die „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 115, Bergisch Gladbach und die Beurteilungskriterien der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin „Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung“ in der jeweils gültigen Auflage in angemessener Weise zu berücksichtigen.

II. Überblick über die Vorgeschichte

II.1. Aktenübersicht

(Informationen zur Person und aktenkundige Anknüpfungstatsachen)

Herr Holzheu, zum Zeitpunkt der Untersuchung 51 Jahre alt, ledig, ist von Beruf Diplom-Informatiker. Die Fahrerlaubnis hat er nach eigenen Angaben erstmals 1989 erworben und dabei eine durchschnittliche jährliche Fahrleistung von ca. 20.000 Kilometern erzielt.

Im Sinne der Fragestellung der Straßenverkehrsbehörde sind folgende, aktenkundige Informationen von Interesse:

  • 16.07.2015 Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr (Fahrrad) gegen 23.09 Uhr, BAK um 23.54 Uhr: 1,35 ‰
  • 16.11.2021 Herr Holzheu führte ein Kraftfahrzeug (Motorrad) mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr. Die festgestellt AAK betrug gegen 10.33 Uhr 0,31 mg/l.

Schreiben von Herrn Holzheu vom 21.12.2021, dem folgender Wortlaut zu entnehmen ist: „… Nach einer Feier am Vorabend bin ich am nächsten Morgen nach dem Frühstück Hundehütte 1 Stunde zu Motorrad gewandert. Ich fühlte mich klar und nicht alkoholisiert. Deshalb bin ich davon ausgegangen, dass mein Alkoholspiegel auch innerhalb des zulässigen Rahmens sei.“

II.2 Beigestellte Unterlagen und Bescheinigungen durch den Kunden

Herr Holzheu legte am Untersuchungstag die nachfolgenden Bescheinigungen und Befunde vor:

02.05.2022 – 29.08.2022, 6 verkehrspsychologische Einzelgespräche bei Diplom-Psychologin M. R; Datum der Bescheinigung: 30.08.2022

Die Ergebnisse von Haaranalysen, vergleiche Abschnitt III.1.2.1. Beigestellte Befunde.

II.3. Voraussetzungen für eine günstige Prognose (Darlegung der zu prüfenden Hypothesen)

Es wurde immer wieder bestätigt, dass die Feststellung von Verhaltensauffälligkeiten im Straßenverkehr bzw. im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung die Wahrscheinlichkeit für künftige entsprechende Auffälligkeiten deutlich erhöht.

Es wurde aber auch immer wieder festgestellt, dass nicht alle wieder auffallen, die mit solchem Verhalten bereits aufgefallen sind. Daraus resultiert die Annahme, dass Menschen ihr Verhalten verändern können und dadurch tatsächlich nicht wieder auffällig werden.

Einer Fahrerlaubnisbehörde kommt in solchen Fällen die Aufgabe zu, bei Bedarf unter solchen Bedingungen die Fahreignung durch eine Fahreignungsbegutachtung überprüfen zu lassen, um entscheiden zu können, ob auch künftig entsprechendes auffälliges Verhalten erwartet werden muss.

Die Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde konzentriert die aus tatsächlichen Auffälligkeiten resultierenden grundsätzlichen Bedenken an einer Fahreignung im Sinn der Erwartung, dass es auch künftig weitere entsprechende Auffälligkeiten geben wird.

Gleichzeitig wird mit entsprechenden Fragestellungen bestimmt, worauf die Begutachtung zu beziehen ist (anlassbezogene Untersuchung).

Nach diesem Grundsatz wurden durch eine Aktenanalyse Informationen im Sinn der Fragestellung identifiziert, die zu den Bedenken an der Fahreignung geführt haben und die für die Diagnose und Prognose und damit für die Beantwortung der Fragestellung relevant sind.

Die aktenkundigen Feststellungen beziehen sich auf den Verhaltensbereich

  • Auffälligkeit/en unter Einfluss von Alkohol

Um die Annahme einer angemessenen, ausreichenden und dauerhaften Verhaltensveränderung als Voraussetzungen für eine positive Beurteilung begründen zu können, wurden entsprechend den Anforderungen aus den Begutachtungsleitlinien und den Beurteilungskriterien die erforderlichen Befunde erhoben und im Hinblick auf verlässliche Merkmale für eine erforderliche Verhaltensveränderung systematisch ausgewertet.

Dabei folgt die Begutachtung den relevanten Hypothesen in den Beurteilungskriterien:

Grundsätzlich muss nachvollzogen werden können:

Die zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung erforderlichen Befunde konnten bei der Untersuchung erhobenen werden und sind im Rahmen der Befundwürdigung verwertbar. (Hypothese 0)

Für den fragestellungsrelevanten Verhaltensbereich müssen die nachfolgenden Hypothesen geprüft werden:

  • Es liegt Alkoholabhängigkeit vor. Eine Entwöhnungstherapie oder eine vergleichbare, in der Regel suchttherapeutisch unterstützte Problembewältigung hat zu einer stabilen Alkoholabstinenz geführt.
  • Der Klient ist nicht dauerhaft in der Lage, mit Alkohol kontrolliert umzugehen. Er verzichtet deshalb konsequent und stabil auf den Konsum von Alkohol.
  • Es lag eine Alkoholgefährdung vor, die sich in gesteigerter Alkoholgewöhnung, unkontrollierten Trinkepisoden oder ausgeprägtem Entlastungstrinken äußerte. Der Klient hat aufgrund eines angemessenen Problembewusstseins sein Alkoholtrinkverhalten ausreichend verändert, so dass von einem dauerhaft kontrollierten Alkoholkonsum ausgegangen werden kann.
  • Beim Klienten besteht keine unkontrollierte Koppelung von Alkoholkonsum mit dem Führen eines Fahrzeugs (mehr).
  • Der Klient weist im Zusammenhang mit dem früheren Alkoholmissbrauch keine die Fahreignung ausschließenden medizinischen Beeinträchtigungen auf.
  • Beim Klienten bestehen keine verkehrsrelevanten Beeinträchtigungen der geistigen und/oder psychisch-funktionalen Voraussetzungen.

ggf.

  • Die festgestellten Defizite des Klienten sind durch einen Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung nach § 70 FeV für alkoholauffällige Kraftfahrer genügend beeinflussbar.

Nur wenn alle aus den jeweiligen Hypothesen zu prüfenden Anforderungen erfüllt sind, besteht die Möglichkeit für eine positive Verhaltensprognose im Sinn der behördlichen Fragestellung.

III. Untersuchungsbefunde

III.1. Medizinische Untersuchungsbefunde

Zur Vorbereitung der medizinischen Untersuchung wurde ein Fragebogen vorgelegt und ausgewertet, eine Anamnese erhoben und eine orientierende internistisch-neurologische Untersuchung gemäß den Anknüpfungstatsachen, auf die sich die behördlichen Eignungszweifel beziehen, durchgeführt.

Gleichzeitig wurden die Ergebnisse einer auf den Anlass bezogenen Laboruntersuchung mitverwertet.

Die medizinische Untersuchung dauerte von 11:39 Uhr bis 12:30 Uhr.

III.1.1. Anamnese

III.1.1.1. Krankheitsanamnese

Erkrankungen, Operationen und Verletzungen, die im Hinblick auf die Fragestellung verkehrsmedizinische Bedeutung besitzen, wurden nicht erwähnt.

Die regelmäßige Einnahme von Medikamenten wurde verneint.

Nach eigenen Angaben bestanden am Untersuchungstag Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit.

III.1.1.2. Alkoholanamnese

Im Rahmen der Anamnese wurden auch die Alkoholkonsumgewohnheiten angesprochen, da aufgrund der Vorgeschichte, zumindest für die Vergangenheit, von einer Problematik in diesem Bereich ausgegangen werden kann.

Seit 01.02.2022 werde auf Alkohol verzichtet.

Herr Holzheu gab an, dass auch künftig dauerhaft auf Alkohol verzichtet werden solle.

Bei der Umstellung habe es keine Probleme, insbesondere keine Entzugssymptome gegeben.

Früher habe Herr Holzheu allgemein nicht mehr als 3-4-mal pro Woche jeweils 1 Bier getrunken. Höchstmengen hätten 3-4-mal pro Jahr bei bis zu 3-7 Biere gelegen.

Zeiten mit noch höherem Alkoholkonsum habe es nicht gegeben.

Es wurde auf Nachfrage angegeben, dass bisher noch nie eine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert und auch noch keine suchttherapeutische Maßnahme in Anspruch genommen worden sei.

Im Übrigen verweisen wir auf die psychologische Exploration, die sich ausführlich mit dem Trinkverhalten und dessen Aufarbeitung beschäftigt.

III.1.2. Befunde

Herr Holzheu ist nach eigenen Angaben 165 cm groß und wiegt 60 kg.

Es wurde ein Blutdruck von 133/93 mmHg bei einer Herzfrequenz von 86 pro Minute gemessen.

Bei der orientierend internistischen und neurologischen Untersuchung zeigte sich im Sinne der Fragestellung kein krankhafter Befund.

Die Pupillenreaktionen auf Licht und Konvergenz waren prompt und seitengleich. Bewusstseinsstörungen, Gleichgewichtsstörungen und Schwindel bestanden nicht. Die Koordinationsversuche verliefen allesamt unauffällig.

Es fanden sich keine Auffälligkeiten hinsichtlich Bewusstseinslage, Affektivität und Orientierung. Es ergab sich kein Anhalt für formale oder inhaltliche Denkstörungen.

Das Hörvermögen für Flüstersprache war ausreichend.

III.1.2.1. Beigestellte Befunde

Haaranalyse auf Ethylglucuronid (Referenzwert: 0,007 ng/mg)

Vom 13.05.2022 12.08.2022
Haarlänge (cm) 3 3
Ergebnis negativ negativ

Die Bestimmung erfolgte mit der LC/MS-Methode in einem nach DIN ISO 17025 für forensische Zwecke akkreditierten Labor.

Ergebnisinterpretation: Es zeigten sich keine Anhaltspunkte für einen Alkoholkonsum in einem Zeitraum, der der untersuchten Haarlänge entspricht. Dieser beträgt bei einer durchschnittlichen Haarwachstumsgeschwindigkeit von 1 cm im Monat in diesem Fall jeweils etwa 3 Monate.

Die im Rahmen der Begutachtung berücksichtigten toxikologischen Befunde sind fachkundig erstellt worden, aussagefähig und forensisch verwertbar.

Unter Anwendung der CTU-Kriterien wurde geprüft, ob die vorgelegten toxikologischen Befunde „fachkundig erstellt“ wurden, „hinsichtlich der Durchführungsbedingungen sowie der angewandten Methoden transparent, aussagekräftig, vollständig und adäquat dokumentiert und damit forensisch verwertbar.“ sind, (vergl. Hypothese CTU, Beurteilungskriterien, 3. Auflage)

CTU 1:Die Durchführungsbedingungen der Drogen- oder Alkoholabstinenzkontrolle sind transparent und stellen eine nachvollziehbare Dokumentation des vereinbarten Abstinenzzeitraumes sicher.

CTU 2: Die Durchführung der Drogen- oder Alkoholabstinenzkontrolle bzw. die Probennahme erfolgt durch eine neutrale, qualitätsgesicherte Stelle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik. Das Untersuchungsmaterial wird dabei auf eine solche Weise gewonnen und an das Analyselabor übermittelt, dass die toxikologische Untersuchung zur Abstinenzüberprüfung oder zum Nachweis einer aktuellen Alkohol/Drogenfreiheit am Untersuchungstag den aktuellen Status des Untersuchten zuverlässig wiedergeben kann.

CTU 3: Die Untersuchung findet in einem nach DIN EN ISO 17025 für forensische Zwecke akkreditierten Labor nach den Standards der GTFCh statt, ist als Abstinenznachweis oder Nachweis einer aktuellen Drogenfreiheit am Untersuchungstag verwertbar und umfasst alle relevanten Stoffgruppen.

CTU 4: Die toxikologischen Befundübermittlungen an den Auftraggeber bzw. an die Begutachtungsstelle lassen eine Bewertung der Durchführungsbedingungen und eine Interpretation vor dem Hintergrund der Fragestellung (Abstinenzkontrolle oder aktueller Nachweis der Alkohol-/Drogenfreiheit am Untersuchungstag) zu.

Die im Rahmen der Begutachtung berücksichtigten toxikologischen Befunde sind fachkundig erstellt worden, hinsichtlich der Durchführungsbedingungen sowie der angewandten Methoden transparent, aussagekräftig, vollständig und adäquat dokumentiert und damit forensisch verwertbar.

III.1.2.2. Laborwerte vom 12.09.22

Stelle SGOT [U/l]

Norm[U/l]

SGPT [U/l]

Norm [U/l] GGt [U/l] Norm [U/l]
IBBK GmbH 29 -50 33 -50 36 -60
III.2. Psychologische Untersuchungsbefunde

Bei der psychologischen Untersuchung wurde ein Untersuchungsgespräch durchgeführt, in dem ausführliche Informationen zum aktenkundigen Geschehen, den Entstehungsbedingungen und Hintergründen, dem persönlichen Verhältnis zu Alkohol jetzt und früher und zu Überlegungen und Maßnahmen zur Verhinderung weiterer Trunkenheitsfahrten erhoben wurden. Hieraus lassen sich Hinweise auf Einstellungen und Motive ableiten, die das Verhalten im kritischen Bereich zukünftig mitbestimmen. Dadurch wird eine begründete Prognose über zukünftiges Verhalten im Sinne der Fragestellung der Straßenverkehrsbehörde ermöglicht.

Die Notwendigkeit zur Durchführung der Leistungstests leitet sich aus der Fragestellung der Behörde und den „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung” ab. Danach ist gerade die Zufuhr psychotroper Substanzen geeignet, verkehrsbedeutsame Leistungsfunktionen akut und langfristig bis dauerhaft zu beeinträchtigen. Um sicherzustellen, dass im vorliegenden Zusammenhang nicht von einem solchen möglichen Verkehrsrisiko auszugehen ist, werden Leistungstests durchgeführt.

III.2.1. Darstellung der Angaben aus dem Explorationsgespräch

Zu Beginn der Untersuchung wurde Herr Holzheu durch den Gutachter über Gegenstand und Zweck der Untersuchung, den gesamten Untersuchungsablauf und die Verfahrensweise bis zur Versendung des Gutachtens informiert.

Das Untersuchungsgespräch dauerte von 09.38 Uhr bis 10.43 Uhr.

Die Angaben wurden anschließend von Herrn Holzheu selbst gelesen. Die richtige Dokumentation der Angaben wurde schriftlich bestätigt.

Zur Entwicklung des Alkoholtrinkverhaltens vor der ersten Alkoholfahrt:

2015 habe ich noch gearbeitet als Informatiker, da war es ein normales Trinkverhalten, habe alle zwei Tage ein Bier getrunken und auf Feiern (3-4-mal im Jahr) mal mehr. Da saß man dann zusammen und hat gemütlich etwas mehr getrunken. Da habe ich den Alkohol auch genossen. Je nachdem, wie lange die Feier ging, habe ich 4-7 Bier zu je 0,5l getrunken.

Mein Limit war die 7 Bier, die habe ich innerhalb von 6 Stunden getrunken.“ Dies war das absolute Maximum (selten erreicht).

(Wie es nach 2015 mit seinem Alkoholkonsum weitergegangen sei?)

„Ganz normal, wie davor auch. Ich habe da in einem kleinerem Ort gewohnt. Vor 7 Jahren bin ich nach Tübingen gezogen, ich hatte keine Freundin. Ich dachte, jetzt schauste mal und gehst am Wochenende weg. Das war immer wie so eine kleine Feier. Da habe ich dann auch an den Wochenende dann schon 3-4 Bier zu je 0,5l getrunken. In Extremfällen war es dann auch mal 6 Bier, wenn der Abend wirklich lang ging.“

(Wo seine Maximalmenge vor der zweiten Trunkenheitsfahrt gelegen habe?)

„Die 7 Bier. Das ist so mein Rekord, den ich so packe. Wobei Bier ist schon sehr voluminös, das verteilte ich dann über den ganzen Tag. Es war das Extreme, es war nicht so, dass ich das jeden Tag getrunken habe.“

16.07.2015 Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr (Fahrrad) gegen 23.09 Uhr, BAK um 23.54 Uhr: 1,35 ‰

(Wie es zu der Verkehrsauffälligkeit gekommen sei?) ,,Es war eine Betriebsfeier, es gab Bier und Gegrilltes, ich habe in Dettenhausen gewohnt, bin extra mit dem Fahrrad hingefahren.

Ich bin auf Feldwegen hin und wollte auch wieder dort zurück, kannte die Strecke aber nicht gut. Es war eine schöne, lustige Feier. Über 6 Stunden verteilt habe ich 6 Bier getrunken. Auf der Heimfahrt, war es duster, habe mich verfahren. Dann kam die Polizei und ich musste eine Alkoholkontrolle machen. Angefangen zu trinken, habe ich so gegen 15.00, 16.00 Uhr.

Um 21.00 Uhr oder 22.00 Uhr bin ich dann zurückgefahren. Die Fahrzeit bis zur Kontrolle hat ca. 20 Minuten betragen.“

(Wie er sich gefühlt habe, ob er sich betrunken gefühlt habe?)

„Ja, ich habe mich schon betrunken gefühlt, auf jeden Fall nicht nüchtern. Aber ich konnte schon noch stabil Fahrrad fahren. Es kam einiges dazu: es war sehr dunkel, dann kam der Alkohol dazu und ich war nicht 100-prozentig ortskundig. Es war ein großer Fehler, da überhaupt noch aufs Rad zu steigen.“

(Welche Konsequenzen die Fahrt für ihn hatte?)

„Eigentlich wenige, ich habe eine Verwarnung bekommen, aber die habe ich wieder vergessen. Ich habe ein Schreiben bekommen, dass es vorgemerkt wurde, sonst hat es keine Konsequenzen gehabt. Kann sein, dass ich ein Bußgeld bezahlten musste, das weiß ich aber nicht so genau.“

16.11.2021 Herr Holzheu führte ein Kraftfahrzeug (Motorrad) mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr. Die festgestellt AAK betrug gegen 10.33 Uhr 0,31 mg/l.

(Wie es zu dieser Fahrt gekommen sei?) „Ich hatte gerade meinen Motorradführerschein gemacht. Ich dachte, wenn ich Motorrad fahren will, muss ich jetzt fahren. Ich habe mir ein Motorrad ausgeliehen. Habe meine Eltern besucht, bin dann nach Österreich und bin dort auf eine Skihütte gewandert. Dort war der letzte Tag vor der Schließung und die Wirtsleute haben gefeiert. Ich habe mich dazu gesetzt und habe mitgefeiert. Ich habe da Schnaps getrunken. Ich bin dann um 01.00 Uhr ins Bett.

Am nächsten Morgen habe ich schon gemerkt, dass ich einen kleinen Kater hatte, dachte, jetzt schauen wir mal. Ich bin dann eine Stunde zum Motorrad gewandert. Ich habe mich dann einigermaßen fit gefühlt. Ich habe dann ein Auto überholt, habe laut Unfallbericht, die Kontrolle übers Motorrad verloren und bin mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammengestoßen, als ich beim Einscheren eine Gegenbewegung gemacht habe. Dann habe ich das entgegenkommende Auto touchiert.

Hauptgrund für den Unfall war aus meiner Sicht, dass ich frisch den Führerschein hatte und das Motorrad nicht gut genug kannte. Weil eigentlich war schon genügend Platz zum Überholen. Die Fahrstrecke vorm Unfall hat ca. 300 – 400 Meter betragen. Ich kam direkt aus dem Parkplatz raus und da kam dann schon dieses langsame Auto.“

(Wieviel er ab wann genau getrunken hatte?)

„Genau weiß ich es nicht mehr. Ich hatte mich gefreut, hatte das alles geschafft. Habe die Atmosphäre genossen. Ich hatte ab ca. 19.00 Uhr 3-4 Bier zu 0,5l getrunken. Dann kam die Feier mit den Wirtsleuten, wo man die Schnäpse getrunken hat.“

(Wie viele Schnäpse er hatte?)

„Das weiß ich nicht mehr, es war eine wilde Party. Ich kann es wirklich nicht sagen. Ich weiß nur, dass die Wirtsleute einen nach dem anderen ausgegeben haben. Es war schon eine wilde Party.“

(Ob er es mit Frau R. nicht berechnet habe, wieviel er getrunken haben müsse?)

Nein, das haben wir nicht berechnet. Man hätte es theoretisch zurückrechnen können, so pi mal Auge, das stimmt.“

Auf einer Skala von 1-10 (bei der 1= Antialkoholiker, 10 = Alkoholiker, 5 = normaler Alkoholkonsument sei) würde er seinen damaligen Alkoholkonsum bei 6-7 einordnen.

Begründung: „Alkoholiker war ich auf keinen Fall, aber es war mehr als der Durchschnittsmensch.“

(Ob es kritische Hinweise durch andere zum Umgang mit Alkohol gegeben habe?)

„Ja, ich habe nicht ganz unproblematische Beziehungen. Ich wohne mit einer Frau, die psychisch instabil ist. Wenn ich da noch zusätzlich Alkohol getrunken habe, dann ist das vom Zusammenleben noch schwieriger geworden. Wenn ich da Alkohol getrunken habe, dann kam es leichter zum Streit.

Als ich dann in Tübingen eine Freundin hatte, da war es so ähnlich. Der Alkohol hat einfach die Hemmschwelle beim Streiten heruntergesetzt.“

(Wie er selbst sein Alkoholtrinkverhalten bewertet habe? Ob er es als zu viel erlebt habe?)

„Jetzt, im Nachhinein denke ich schon, dass es zu viel war. Gerade die letzten 7 Jahre, davor war es ja normal. Inzwischen habe ich die letzten 7 Monate gar nichts mehr getrunken, da hat sich mein Leben dann auch positiv verändert. Insofern bin ich da auch ein Stück weit dankbar, dass es passiert ist.“

(Ob der Alkoholkonsum Auswirkungen auf Arbeit oder Schule gehabt habe?)

„Nein.“

(Ob er morgens oder heimlich getrunken habe?)

„Nein.“

(Ob er Probleme gehabt habe, sich in der Trinkmenge zu begrenzen, wenn er angefangen habe zu trinken?)

„Das schon. Auf einer Party war es ein angenehmes Gefühl. Um das aufrecht zu erhalten, habe ich dann immer noch ein Bier getrunken, um diesen Zustand zu erhalten.“

(Wie er die Trennung zwischen Fahren und Alkoholkonsum organisiert habe?)

„Das war bei mir ziemlich klar. Ich habe das immer strikt getrennt. Es gab die Ein-Bier-Regel. Ich habe mich an diese immer strikt gehalten. Ich habe von Frau R. die Eisbergtheorie gehört und dass man mir das hier wohl nicht glauben wird, aber ich war in dieser Beziehung immer ein Musterknabe.

Ich habe bei diesen zwei Fällen wirklich Mist gebaut, da hat dann auch die Ein-Bier-Regel nicht gezogen. Ich habe an dem zweiten Tag auch noch einen Termin gehabt. Ich habe dann auch grob durchgerechnet und habe in mich reingespürt und es war okay. Sonst habe ich mich immer streng an die Ein-Bier-Regel gehalten.

Sonst, wenn ich in Tübingen unterwegs war, bin ich mit dem Taxi gefahren.“

(Welche persönlichen Ursachen bei ihm zu einem gesteigerten Trinkverhalten geführt haben?)

„In Tübingen war es so, dass ich immer alleine weggegangen bin, damals war es so, dass ich es eher ertragen konnte, alleine in einer Kneipe zu sein. Sonst habe ich mich immer minderwertig gefühlt.

Das zweite war, das ich auch leichter mit Menschen kommunizieren konnte in diesem Zustand. Der Alkohol bringt alle auf ein Level und dann kann man leichter mit allen reden.

Dann war es auch so, dass der Alkohol so wirkt, dass man dann die ganzen stressigen Gedanken verliert, die man so hat. Das war der dritte Punkt.“

(Was sein dahinterstehende Problem gewesen sei?)

„Es war mir schwer, mit Menschen in einen angenehmen, näheren Kontakt zu bekommen. Es war mit Alkohol leichter.“

(Warum ihm das schwer gefallen sei?)

„Das ist eine gute Frage. Es hat mich oft gestresst. Da spielen oft Minderwertigkeitskomplexe eine Rolle, man denkt, der andere mag einen nicht. Man möchte ja immer gemocht werden. Dann strengt man sich an. Mit Alkohol verliert man den Stress, die Maximalleistung zu geben, damit der andere einen mag.

Generell ist es so, dass ich immer so das Problem, es ist wohl so leicht autistisch, dass ich den anderen nicht so spüren kann. Für mich war es ein Stress, ich wollte dabei sein.“

(Wie er ab der zweiten Trunkenheitsfahrt mit Alkohol umgegangen sei?)

„Zuerst dachte ich, dass es wieder so eine blöde Ausnahme sei. Ich werde in Zukunft darauf achten, dass so etwas nicht nochmal vorkommt, dass ich morgens einen Termin habe oder ihn sausen lasse. Dann kann mir mit der Ein-Bier-Regel nichts mehr passieren. Ich habe dann erstmal nichts geändert. Ich dachte, ich brauche auch nichts ändern.

Dann habe ich die erste MPU gehabt und habe die komplett vermasselt. Ich bin dann zur Frau R. gekommen. Ich habe dann ab dem 01.02.22 komplett auf Alkohol verzichtet, weil ich dachte, dass ich meinen Führerschein wiederhaben will.

Ich dachte, Alkohol trinken ist ja nicht verboten, aber ich kann es ja trennen. Die Abstinenz einzuhalten war für mich kein Problem. Bei der letzten MPU war es so, dass ich es künftig hinbekomme, die Trennung ganz zu vollziehen. Das haben sie mir wohl aber nicht so abgenommen.“

(Wie er zukünftig seinen Alkoholkonsum gestalten wolle?)

„Ich würde dabei bleiben, bei meinem Null-Promille Ansatz. Weil ich festgestellt habe, dass es mir psychisch und körperlich besser geht und der Alkohol nicht nötig ist.

Ich hatte auch zwei Feiern, wo alle getrunken habe und ich einer der wenigen war, der nüchtern war und meinen Spaß hatte. Auch geht es mir mit meiner Mitbewohnerin besser.

Deshalb würde ich erstmal bei dem Alkoholfrei bleiben. Ich will dann alkoholfreies Hefeweizen trinken.“

(Was gegen einen geringen, überschaubaren Alkoholkonsum spreche?)

„Ich finde es für mich gerade selbst auch cool, dass ich es kann und ich es erstmal beibehalte. Also spricht erstmal mein Ego dagegen. Vielleicht gibt es eine kleine Chance, dass, wenn ich Alkohol trinke, es doch mal mehr wird, deshalb will ich das nicht – auch wenn ich das nicht glaube. Ich fühle mich auch besser. Es ist auch etwas fürs Ego, es ist auch etwas wo man stolz drauf sein kann, dass man auf einer Feier war ohne Hilfsmittel. Klar kann ich nicht sagen, dass ich nie mehr Alkohol trinken werde, das wäre unseriös. Aber es ist erstmal mein Plan so weiterzumachen.“

(Ob es Situationen gegeben habe, in denen er gerne ein Glas Alkohol mitgetrunken hätte?)

„Eigentlich nicht. Doch gestern auf der Tennisfeier, die hatten kein alkoholfreies Bier und ich hätte gerne ein Bier getrunken.“

(Wie er sein persönliches Rückfallrisiko einstufe?)

Das quasi ein Unfall wegen Alkohol passiert, Dass ich alkoholisiert fahre, sehr, sehr gering. Das war vorher schon sehr gering und ist jetzt noch gering. Dass ich auf Partys mal wieder 6 Bier trinke, halte ich auch für unwahrscheinlich.“

(Was er tun würde, wenn er entgegen seines Vorsatzes doch wieder Alkohol getrunken hätte?)

„Ich würde auf jeden Fall nicht Auto fahren oder Fahrrad fahren. Ich würde mit dem Taxi fahren oder zu Fuß gehen. Falls ich überhaupt irgendwohin müsste.“

(Welchen Nutzen die bekundete Maßnahme bei Frau R. gehabt hätte?)

„Der Hauptnutzen war, als Informatiker zu verstehen, wie Psychologen so ticken. Bei der MPU und auch bei Frau R. hatte ich am Anfang das Gefühl, wir verstehen uns nicht.“

(Wie er zukünftig zuverlässig eine erneute Alkoholfahrt vermeiden wolle?)

„Zusätzliche Regeln zu meiner Ein-Bier-Regel. Ich werde nur noch mit 0,0 Promille im Straßenverkehr teilnehmen, ansonsten Taxi oder Bus. Ansonsten mein Vorsatz, mein Leben ohne Alkohol zu gestalten.“

(Ob sich etwas an seinem Gefühl der Minderwertigkeit geändert habe?)

„Etwas. Bei dem Zusammensein mit Menschen ist es so, dass ich nicht mehr ich nicht mehr so ganz-wichtigr dass es nicht so sein muss, es für mich nicht mehr so wichtig ist, dass mich alle mögen müssen. Ich denke dann immer mehr, ich bin halt wie ich bin. Ich muss keine Höchstleistung erbringen, dass mich jemand mag. Aber es ist auch noch ein Stück weit in diese Richtung zu gehen gegangen.

(Ob es laufende oder noch nicht aktenkundige Verfahren gegen ihn gebe?)

„Nein.“

(Ob er dem Gesagten noch etwas hinzufügen wolle?)

„Nein.“

Ergänzungen / Änderungen nach Durchsicht der Explorationsmitschrift:

Siehe dazu unterstrichene / durchgestrichene Passagen.

Gutachterliche Ergänzung:

Herr Holzheu zeigte während der Sachstandsmitteilung keinerlei Bereitschaft, die aufgezeigten Defizite anzuerkennen. Vielmehr reagierte er zunehmend abweisend und aggressiv.

III.2.2. Darstellung der Ergebnisse aus den Leistungstestverfahren

Zweifel an der psychischen Leistungsfähigkeit können sich ergeben wegen einer Minderung der optischen Orientierung, der Konzentrationsfähigkeit, der Aufmerksamkeit, der Reaktionsfähigkeit und der Belastbarkeit.

Die eingesetzten Verfahren aus dem Wiener Testsystem (WTS) der SCHUHFRIED GmbH sind als geeignete Testverfahren und -gerate im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung oder einer Eignungsuntersuchung nach § 11 Absatz 9 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) bei der Bundesanstalt für Straßenwesen veröffentlicht.

Die Darstellung der Testergebnisse erfolgt in Prozenträngen (PR). Ein Prozentrang sagt aus, wie viel Prozent einer repräsentativen Gruppe von Kraftfahrern entsprechende Messwerte bei einem Testverfahren erzielen. Die beste Leistung hat den Prozentrang 100, die schlechteste den Prozentrang 1. Die jeweilige Fähigkeitsdimension wird durch die Hauptvariable des entsprechenden Testverfahrens erfasst.

Für die Beurteilung der Fahreignung ist ausschließlich die Hauptvariable heranzuziehen.

Für Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1:

Der kritische Leistungsbereich erstreckt sich von 0 bis 15, d. h., die Testanforderungen sind ausreichend erfüllt, wenn ein Prozentrang ab 16 und mehr erreicht wird. Liegt die erzielte Leistung im kritischen Bereich (<16), dann bestehen deutliche Hinweise auf Zweifel, ob noch ausreichende Leistungsvoraussetzungen für das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges vorliegen.

Für Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 2:

Es gelten sinngemäß die Ausführungen zur Gruppe 1. Darüber hinaus gilt die erhöhte Anforderung, dass in der Mehrzahl der eingesetzten Verfahren der Prozentrang 33 erreicht oder überschritten werden muss, dass aber der Prozentrang 16 ausnahmslos erreicht sein muss.

Reaktionstest (RT) (Testform S3 – Kurzform mit freier Bearbeitungszeit)

Der Reaktionstest (RT) dient zur Erfassung der Reaktionsfähigkeit. Die Hauptvariable ist die Mittlere Reaktionszeit (ms).

Ein hoher Prozentrang bedeutet, dass die Testperson, im Vergleich zur Referenzpopulation, eine überdurchschnittlich gute Reaktionsfähigkeit besitzt bzw. überdurchschnittlich gut in der Lage ist, angemessen rasch auf relevante Reize bzw. Reizkonstellationen zu reagieren.

Mittlere Reaktionszeit (ms): PR: 53

Cognitrone (COG) (Testform S11 — Kurzform mit freier Bearbeitungszeit)

Der Cognitrone dient der Erfassung der Konzentration. Die Hauptvariable ist die mittlere Zeit „Korrekte Zurückweisung“. Ein hoher Prozentrang entspricht dabei einer guten Konzentrationsleistung.

„Korrekte Zurückweisung“ PR: 44

Linienverfolgungstest (LVT) (Testform S3 – Screeningform mit 18 Items)

Der LVT dient der Erfassung der Orientierung. Für die Interpretation des Testergebnisses wird die Hauptvariable „Score“ herangezogen. Hohe Ausprägungen dieser Variablen sind als hinreichend schnelle und genaue Wahrnehmungsleistung im Sinne der Überblicksgewinnung zu interpretieren.

Score PR: 68

Wiener Determinationstest (DT) (Testform S1 – Adaptiv kurz)

Der DT dient der Messung der Belastbarkeit. Für die Interpretation des Testergebnisses wird die Hauptvariable „Anzahl der richtigen Reaktionen“ herangezogen. Je höher der Prozentrang, desto höher die reaktive Belastbarkeit.

Anzahl der richtigen Reaktionen PR: 75

Adaptiver Tachistoskopischer Verkehrsauffassungstest (ATAVT) (Testform S1 – für Länder mit Rechtsverkehr)

Der ATAVT dient der Erfassung der Aufmerksamkeit. Für die Interpretation des Testergebnisses wird die Hauptvariable „Überblicksgewinnung“ herangezogen. Je höher der Prozentrang, desto besser ist die Fähigkeit ausgeprägt, den Fokus der

Aufmerksamkeit zur Überblicksgewinnung zu kontrollieren.

Überblicksgewinnung PR: 90

Die folgende Tabelle wurde von mir aus den Daten das originalen Dokuments extrahiert:

Test Testresultat Erste MPU (Max=100) Zweite MPU
(Max=100)

Reationstest (RT/S3)

Mittlere Reaktionszeit 53

Test zur Messung der Aufmerksamkeit und Konzentration (COG/S11)

Mittlere Zeit “Korrekte Zurückweisung” 27 44

Linienverfolgungstest (LVT/S3)

Score 68
Test zur Messung der Belastbarkeit und des Reaktionsvermögens (DT/S1) Anzahl Richtige 87 75
Test zur Messung visuellen Wahrnehmungsleistung (ATAVTIS1) Überblicksgewinnung 38 90

IV. Bewertung der Befunde

IV.1. Interpretation der medizinischen Befunde und ihre Bedeutung für die Beurteilung

Die körperliche Untersuchung und die Anamnese ergaben zum jetzigen Zeitpunkt keine krankhaften Befunde im Sinne der Fragestellung. Damit ergaben sich derzeit keine Hinweise auf alkoholbedingte Beeinträchtigungen der Fahreignung.

Hieraus ergaben sich jedoch derzeit keine Hinweise auf alkoholbedingte Beeinträchtigungen der Fahreignung.

Die Ergebnisse der medizinischen Untersuchung sind somit insgesamt geeignet, die Bedenken an der Fahreignung von Herrn Holzheu auszuräumen.

Für die Prognose zukünftigen Verkehrsverhaltens sind die medizinischen Ergebnisse für sich alleine jedoch nicht ausschlaggebend. Sie müssen im Zusammenhang mit der psychologischen Begutachtung betrachtet werden.

IV.2. Interpretation der psychologischen Befunde und ihre Bedeutung für die Beurteilung
IV.2.1. Psychologisches Untersuchungsgespräch

Die Angaben von Herrn Holzheu sind nicht geeignet, die Bedenken hinsichtlich der Fahreignung auszuräumen.

Bei der nachfolgenden Beurteilung wird jeweils auf Hypothesen und Kriterien Bezug genommen, die als Bestandteil der „Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung Beurteilungskriterien“, 3. Auflage (Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie / DGVP; Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin/ DGVM) verbindlich anzuwenden sind.

Grundsätzlich ist zu prüfen, ob die zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung erforderlichen Befunde bei der Untersuchung erhoben werden konnten und im Rahmen der Befundwürdigung verwertbar sind. (Hypothese 0)

„Die Hypothese 0 beschäftigt sich mit der Frage, ob bei der Begutachtung die erforderlichen Befunde erhoben werden konnten und inwiefern die vorliegenden Befunde für eine Entscheidungsfindung durch die Gutachter verwertbar sind.“

„Einzelne nicht verwertbare Aussagen stellen noch nicht die Verwertbarkeit des Explorationsbefundes insgesamt in Frage, vielmehr ist in einer abwägenden Bewertung zu entscheiden, welche Befunde berücksichtigt werden können und ob sie für die erforderliche gutachterliche Aussage ausreichend sind.“

Die zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung erforderlichen Befunde konnten bei der Untersuchung von Herrn Holzheu nicht in ausreichendem Maße erhoben werden und sind im Rahmen der Befundwürdigung nicht verwertbar.

Im Einzelnen führen folgende Befunde zur Abweisung der Verwertbarkeit der Befunde:

Herr Holzheu zeigte sich im Gespräch nicht so weit offen, dass die für die Problem- und Verhaltensanalyse notwendigen Hintergrundinformationen zu erhalten waren, (vgl. Kriterium 0.2 N) und die Angaben auch nicht frei von inneren Widersprüchen und/oder von Widersprüchen zu gesichertem Erfahrungswissen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und/oder der Aktenlage. (vgl. Kriterien 0.3 N und 0.4 N)

Die angegebene Trinkmenge zum zweiten Delikt wird nicht erinnert und Herr Holzheu hat sich auch nicht soweit mit seinem Trinkverhalten auseinandergesetzt, dass er hier die erforderliche Trinkmenge berechnet hätte. Es fehlt noch eine ausreichende Aufarbeitung des Delikts.

16.11.2021 Herr Holzheu führte ein Kraftfahrzeug (Motorrad) mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l oder mehr. Die festgestellt AAK betrug gegen 10.33 Uhr 0,31 mg/l.

(Wie es zu dieser Fahrt gekommen sei?)

„Ich hatte gerade meinen Motorradführerschein gemacht. Ich dachte, wenn ich Motorrad fahren will, muss ich jetzt fahren. Ich habe mir ein Motorrad ausgeliehen. Habe meine Eltern besucht, bin dann nach Österreich und bin dort auf eine Skihütte gewandert. Dort war der letzte Tag vor der Schließung und die Wirtsleute haben gefeiert. Ich habe mich dazu gesetzt und habe mitgefeiert. Ich habe da Schnaps getrunken. Ich bin dann um 01.00 Uhr ins Bett. Am nächsten Morgen habe ich schon gemerkt, dass ich einen kleinen Kater hatte, dachte, jetzt schauen wir mal. Ich bin dann eine Stunde zum Motorrad gewandert. Ich habe mich dann einigermaßen fit gefühlt. Ich habe dann ein Auto überholt, habe laut Unfallbericht, die Kontrolle übers Motorrad verloren und bin mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammengestoßen, als ich beim Einscheren eine Gegenbewegung gemacht habe. Dann habe ich das entgegenkommende Auto touchiert. Hauptgrund für den Unfall war aus meiner Sicht, dass ich frisch den Führerschein hatte und das Motorrad nicht gut genug kannte. Weil eigentlich war schon genügend Platz zum Überholen. Die Fahrstrecke vorm Unfall hat ca. 300 – 400 Meter betragen. Ich kam direkt aus dem Parkplatz raus und da kam dann schon dieses langsame Auto. “

(Wieviel er ab wann genau getrunken hatte?)

„Genau weiß ich es nicht mehr. Ich hatte mich gefreut, hatte das alles geschafft. Habe die Atmosphäre genossen. Ich hatte ab ca. 19.00 Uhr 3-4 Bier zu 0,51 getrunken. Dann kam die Feier mit den Wirtsleuten, wo man die Schnäpse getrunken hat. “

(Wie viele Schnäpse er hatte?)

„Das weiß ich nicht mehr, es war eine wilde Party. Ich kann es wirklich nicht sagen. Ich weiß nur, dass die Wirtsleute einen nach dem anderen ausgegeben haben. Es war schon eine wilde Party. “

(Ob er es mit Frau R. nicht berechnet habe, wieviel er getrunken haben müsse?)

„Nein, das haben wir nicht berechnet. Man hätte es theoretisch zurückrechnen können, so pi mal Auge, das stimmt.“

Herr Holzheu hatte angegeben, sonst nie unter Einfluss von Alkohol ein Fahrzeug geführt zu haben, was im Widerspruch zu den Ergebnissen der Dunkelzifferforschung steht. Für beide Trunkenheitsfahrten wollte Herr Holzheu Ausnahmesituationen geltend machen, was in keiner Weise realistisch ist. Herr Holzheu fehlt es an der nötigen Offenheit, so dass die Basis für eine positive Verhaltensprognose fehlt.

(Wie er die Trennung zwischen Fahren und Alkoholkonsum organisiert habe?)

„Das war bei mir ziemlich klar. Ich habe das immer strikt getrennt. Es gab die Ein-Bier-Regel.

Ich habe mich an diese immer strikt gehalten. Ich habe von Frau R. die Eisbergtheorie gehört und dass man mir das hier wohl nicht glauben wird, aber ich war in dieser Beziehung immer ein Musterknabe.

Ich habe bei diesen zwei Fällen wirklich Mist gebaut, da hat dann auch die Einbierregel nicht gezogen. Ich habe an dem zweiten Tag auch noch einen Termin gehabt. Ich habe dann auch grob durchgerechnet und habe in mich reingespürt und es war okay. Sonst habe ich mich immer streng an die Einbierregel gehalten. Sonst, wenn ich in Tübingen unterwegs war, bin ich mit dem Taxi gefahren. “

Gutachterliche Ergänzung: Herr Holzheu zeigte während der Sachstandsmitteilung keinerlei Bereitschaft, die aufgezeigten Defizite anzuerkennen. Vielmehr reagierte er zunehmend abweisend und aggressiv.

Die Widersprüche konnten nach entsprechenden Rückmeldungen durch den Gutachter nicht geklärt werden. Damit sind die erhobenen Befunde zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung nicht verwertbar, (vgl. Hypothese 0)

Auf dieser Grundlage besteht nicht die Möglichkeit einer weitergehenden diagnostischen Beurteilung. Soweit Angaben zu Veränderungen gemacht wurden, kann bei der bestehenden Befundlage nicht beurteilt werden, ob eine solche Veränderung stabil ist.

Die Möglichkeit der Teilnahme an einer Kursmaßnahme nach § 70 FeV (Fahrerlaubnisverordnung) wurde geprüft. Die festgestellten Defizite sind nicht genügend durch einen solchen Kurs beeinflussbar.

IV.2.2. Leistungstests

Die Überprüfung der verkehrsbedeutsamen Leistungsfunktionen ergab ausreichende Ergebnisse für Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1 und 2. Damit bestehen in diesem Bereich keine Bedenken an der Fahreignung.

V. Zusammenfassung

V.1. Beantwortung der Fragestellung

Die medizinisch-psychologische Untersuchung ergab zur Fragestellung der Behörde Befunde, mit denen die Bedenken an der Fahreignung nicht ausgeräumt werden können.

Es ist davon auszugehen, dass die anzunehmende erhöhte Wiederauffallenswahrscheinlichkeit für Herr Holzheu weiterhin besteht.

Daraus ergibt sich folgende Beantwortung der Fragestellung:

Es liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums keine Beeinträchtigungen bei Herrn Holzheu vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1+ 2 in Frage stellen.

Es ist weiterhin zu erwarten, dass Herr Holzheu auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird.

V.2. Empfehlungen

Aus den Teilgutachten ergeben sich die nachfolgenden Empfehlungen, die erfahrungsgemäß sinnvoll für eine Wiederherstellung der Fahreignung sind:

Medizinisch:

Wir empfehlen wegen des aktuell noch negativen Ergebnisses der Begutachtung eine regelmäßige Kontrolle der Laborwerte (GOT, GPT, Gamma-GT) in Abständen von 4 – 6 Wochen.

Diese Befunde sollten – versehen mit Normwertangaben sowie mit Stempel und Unterschrift des untersuchenden Arztes – bei einer erneuten MPU vorgelegt werden.

Psychologisch:

Zur Unterstützung der nötigen Auseinandersetzung empfehlen wir, sich mit der bisherigen Beraterin in Verbindung zu setzen oder mit anderen in Verkehrspsychologie ausgebildeten Diplom-Psychologen oder Suchtberatern bei karitativen Trägern und dort das Gutachten vorzulegen, damit die Informationen daraus die weitere Arbeit unterstützen können.

R. N. V. V.
Arzt

S. R.
Dipl. Psychologin